Einsingen im Chor - Teil 1
“Was mach´ ich denn heute beim Einsingen?” 🤔
Diese Frage hast Du Dir, wenn Du Chorleiter*in bist, so oder so ähnlich bestimmt schon gestellt.
Aus meiner Sicht kann man den Themen “Einsingen” beziehungsweise “Chorische Stimmbildung” als Chorleiter*in gar nicht genug Bedeutung beimessen. Daher beschäftige ich mich mit diesem Thema ausführlich - und teile mit Dir in einem mehrteiligen Blog-Post meine persönlichen Ansichten und gebe Dir einen Einblick in meine praktischen Erfahrungen.
Vorweg möchte ich festhalten:
Das chorische Einsingen hat für mich als Chorleiterin einen sehr hohen Stellenwert in der Chorprobe. Ich verwende zu Beginn jeder Chorprobe etwa 20 Minuten für das Einsingen. Selten kann es vorkommen, dass ich, aus welchen Gründen auch immer, unter Zeitdruck stehe, dann ist das Einsingen auch zeitlich kompakter möglich, aber in der Regel sind es mindestens 20 Minuten, die in jeder Probe dafür reserviert sind.
Inhaltlich bereite ich diese 20 Minuten des Einsingens meistens genau so sorgfältig schriftlich vor, wie den Rest der Chorprobe. Vermutlich ist das eine Reaktion darauf, dass ich mir in der Vergangenheit auch ab und an unangenehmerweise fünf Minuten vor Probenbeginn die Eingangsfrage dieses Blog-Posts stellen musste. 😉
Ich sehe die 20 Minuten des chorischen Einsingens als wichtiges zeitliches Investment, das sich sehr bezahlt macht.
Und meine Aufgabe als Chorleiterin besteht (auch) darin, meinen Sänger*innen zu vermitteln, dass es sich beim Einsingen nicht um ein unterhaltsames “Turnen” vor der eigentlichen Chorprobe handelt, sondern um einen integralen und sinnvollen Bestandteil der Probe.
Wie kann ich das als Chorleiter*in erreichen?
Indem ich meinen Sänger*innen das Ziel und die Funktion der ausgewählten Übungen immer wieder erläutere.
Denn: Nur was man versteht, macht man gut und gerne.
An dieser Stelle möchte ich allerdings erwähnen, dass ich im Laufe meiner Tätigkeit als Chorleiter*in doch bereits einige Menschen getroffen habe, die betreffend die Wichtigkeit des Einsingens eine gewisse - nennen wir es “Beratungsresistenz” an den Tag gelegt haben.
Manchmal muss ich an einen leider mittlerweile verstorbenen sehr sicheren Sänger aus dem allerersten gemischten Chor, den ich während meiner Studienzeit geleitet habe, denken. Dieser ist zu unseren wöchentlichen Chorproben immer erst nach dem Einsingen erschienen, so gegen 20:00, mit der Ausrede: “Ich muss um 19:30 noch ZIB schauen.” 😀 Gott sei Dank hat er immerhin in unmittelbarer Nähe zu unserem Probenort, dem Pfarrheim, gewohnt…
Im Laufe der Zeit habe ich es geschafft, dass er zumindest bei den Auftritten, zwar etwas widerwillig aber doch, pünktlich zum Einsingen da war. 👍🏻
Als Chorleiterin habe ich beim Einsingen sowohl ein kurzfristiges als auch ein langfristiges Ziel vor Augen, beziehungsweise „im Ohr“. 👀👂🏻
Das kurzfristige Ziel des Einsingens ist es, die Stimme “warm zu machen” für die anschließende Chorprobe oder den Auftritt.
Ich vergleiche das gerne mit dem Sport. Wie ein 100-Meter-Läufer sich vor seinem Sprint sorgfältig aufwärmen muss, damit sein Körper, sein Bewegungsapparat und seine Muskulatur Höchstleistungen vollbringen kann, so ist das auch beim Singen:
Unsere Stimme will vor der stimmlichen „Höchstleistung“, die ihr in der Chorprobe über einen längeren Zeitraum hinweg abverlangt wird, aufgewärmt werden. (Was ist ein „hohes g“ sonst, außer eine stimmliche „Höchstleistung“ im wahrsten Sinne des Wortes? 😉)
Und auch unser Körper, unser Instrument, das die Stimme zum Erklingen bringt, will vor dem Singen darauf vorbereitet werden.
Ein, warum auch immer, oft getätigter Ausspruch einer meiner sehr geschätzten Gesangslehrerinnen in meiner Studienzeit, den ich immer noch regelmäßig im Ohr habe, war folgender:
“Aus einem müden Körper kommt kein gesunder Ton.” 🥱🎵😴
Und das stimmt! Unser Körper spielt eine wesentliche Rolle dabei, unsere Stimme schön zum Erklingen zu bringen.
Das langfristige Ziel eines regelmäßigen und gut zusammengestellten Einsingens ist es, die Einzelstimmen im Chorgefüge zu verbessern. Dies hat, über einen längeren Zeitraum gesehen, einen enormen Effekt auf den Chorklang. Denn wenn sich die Einzelstimmen verbessern, verbessert sich der Chorklang als Gesamtes – und als Chorleiter*in darf man die Früchte sorgfältiger und kontinuierlicher stimmbildnerischer Arbeit ernten!
Und wie ich als Chorleiter*in ein Einsingen vom Ablauf her gut und sinnvoll gestalten kann?
Darüber schreibe ich in Bälde im zweiten Teil dieses Blog-Posts. Darin teile ich mit Dir den sogenannte “Bogen beim Einsingen”, der mir persönlich als Grundlage für die Zusammenstellung eines guten und sinnvoll aufgebauten Einsingens dient.
In der Zwischenzeit freue ich mich über Rückmeldungen, einen Ideenaustausch, Diskussionen und Fragen per E-Mail (mail@marinaschacherl.at). Es ist so schön, wie viele wundervolle Nachrichten mich in den letzten Wochen und Monaten erreicht haben. Ganz herzlichen Dank dafür und für den wertvollen Austausch! 😊💚🎵
Abschließend möchte ich Dich noch herzlich einladen, meinen Newsletter zu abonnieren. Darin teile ich mit Dir einmal im Monat per E-Mail meine Gedanken und Ideen zum Thema (Chor)singen, interessante Informationen zu unterschiedlichen chorleiterischen Themen, Tipps zu aktuellen Veranstaltungen und zu lesenswerten Büchern. Und ich informiere Dich auf diesem Wege gerne über neue Blog-Artikel und aktuelle Folgen meines Podcasts „Chor & Stimme“.
Alles Liebe und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2021 wünscht Dir Deine
Marina