Die heilsamen Effekte des Singens auf Körper und Geist

Vom "beseelten Singen"

Vor einem Monat durfte ich an einem Webinar teilnehmen, über das ich durch Zufall im Internet gestolpert bin. Das Webinar, veranstaltet von „World Choir for Peace“, trug den schönen Titel „The healing power of singing“.

Der Referent: Norbert Hermanns - unter anderem Musiktherapeut, klassisch ausgebildeter Sänger, Ehrenvorstand und Referent der internationalen Initiative „Singende Krankenhäuser e.V.“.

Der klingende Webinar-Titel hat mich sofort angesprochen und ich musste mich einfach sogleich dafür anmelden. Im Anschluss daran habe ich viel darüber nachgedacht, was ich aus dem Webinar für mich mitgenommen habe, und auch darüber, warum mich die Inhalte des Webinars so berühren und beschäftigen.


Norbert Hermanns hat in seinem Vortrag immer wieder vom „beseelten Singen“ gesprochen – und von den Auswirkungen, die das „beseelte Singen“ auf unseren Körper und auf unsere Psyche hat. Und er hat mir mit seinen Ausführungen buchstäblich „aus der Seele“ gesprochen…


Allgemein ist zu sagen:

Singen ist ein Wechselspiel aus Seele und Körper, denn: unsere Emotionen wirken sich erwiesenermaßen auf unseren Körper aus, und, was wir alle bestimmt schon erlebt haben:

Beim Singen und Musizieren werden unsere Emotionen sogar noch verstärkt, insbesondere, wenn wir dies in der Gruppe (zum Beispiel im Chor) tun.

Norbert Hermanns hat detailliert den Einfluss unserer Emotionen auf unsere Muskeln, unseren Atem und unsere Beweglichkeit geschildert.
Wie wir an uns selbst beobachten können, hat jede Emotion ihr eigenes Atemmuster – und dieses Atemmuster hat einen direkten Einfluss auf den Klang unserer Sprech- und Singstimme:

😢 Wenn ich traurig bin, klingt meine Stimme kraftlos.
😨 Wenn ich Angst habe, zittert sie.
😡 Wenn ich wütend bin, hat sie eine hohe Spannung und klingt gepresst.
😊 Wenn ich mich freue, klingt sie lebendig und beseelt.


❓❓ Welche Schlüsse ziehe ich als Chorleiterin daraus für meine Arbeit? ❓❓

In erster Linie reflektiere ich darüber, wie ich meinen Chorsänger*innen ein „beseeltes“, ein freudiges Singen ermöglichen kann. Dazu muss ich mir das Gesetz der Spiegelneuronen ins Bewusstsein rufen und mir folgende Fragen stellen:

▶ Bin ich selbst eigentlich „beseelt“ von dem, was ich tue?
▶ Schaffe ich es, dabei Freude und Leichtigkeit zu vermitteln?

🤔🤔🤔

Nur wenn ich diese Fragen mit „JA!“ beantworten kann, wird sich diese Begeisterung in meinen Chorsänger*innen und in deren Stimmen widerspiegeln.

Meine Aufgabe als Chorleiterin besteht darin, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Sänger*innen wohlfühlen und öffnen können. In der sie sich zeigen können, wie sie sind – mit all´ ihren Fähigkeiten und Stärken, aber auch mit ihren Ängsten und Schwächen.
Und meine Aufgabe besteht darin, ein Verhältnis zu meinem Chor aufzubauen, das geprägt ist von Wertschätzung und konstruktiver Kritik.

Denn:
Wenn wir uns sicher und wohl fühlen, wirkt sich das direkt auf unseren Körper und auf unsere Stimme aus.
Unser Körper öffnet und weitet sich, der Atem kann besser fließen, unsere Stimme klingt tiefer und voller.


Aber nun drängt sich mir folgende Frage auf:

❓❓ Kann man denn überhaupt „unbeseelt“, also „ohne Seele“ singen? ❓❓

Ja, das geht!

Ich habe schon zahlreiche Chöre erlebt, die perfekte Interpretationen dargeboten haben. Wo man ob der Homogenität des Klanges, der Perfektion betreffend die Intonation, Phrasierung und Technik einfach den Hut ziehen muss. Aber die mich nicht im Innersten berührt haben. Weil für mich „die Seele“, die Musik, das Besondere gefehlt hat.
Und ich habe auch schon Chöre erlebt, denen die Angst vor der Chorleitung und die Angst davor, Fehler zu machen, ein befreites und beseeltes Singen unmöglich macht!

Mit Seele zu singen: dazu gehört sich zu öffnen – sich ohne Angst in aller Offenheit und Verletzlichkeit „offenbaren“ zu können. Und da gehört es notgedrungen auch dazu, Fehler zu machen, nicht perfekt zu sein. Authentisch zu sein, und somit perfekt zu sein, trotz aller Imperfektion.


Manchmal muss ich schmunzelnd an ein T-Shirt denken, das ich im Teenager-Alter sehr gerne getragen habe. 👚
Auf dem orangen T-Shirt hat in Glitzer-Schrift dieser Ausspruch geprangt:
„Nobody is perfect, BUT ME!“.
Und ich kann mich noch so gut an eine mäßig erfolgreiche Orgelstunde erinnern, in der mein damaliger Lehrer scherzhalber gemeint hat: „Marina, das „but me“ kannst aber gleich durchstreichen!“ 😂🙈❌

Heute würde ich beim Chorleiten gerne ein Leibchen tragen, wo draufsteht:
„Everybody is perfect!“
Jeder Mensch ist gut, genau so wie er ist - mit all´ seinen Stärken und Schwächen. Und insbesondere beim Singen, wo man so viel von sich und seiner Persönlichkeit herzeigt, wo man sein innerstes Wesen “offenbart”, ist das so wichtig im Kopf zu behalten.

❗❗ Meiner Meinung nach soll jeder Mensch, der gerne singen möchte, egal wie gut oder schlecht er singen kann, dies in einer passenden Gemeinschaft ohne Angst tun können! ❗❗

Und gerade beim Singen und beim Chorleiten möchte ich mir bei allem künstlerischen Ehrgeiz immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass die Freude im Vordergrund stehen soll - damit das Singen seine heilsame Kraft bestmöglich entfalten und der gemeinsame Klang mich, meinen Chor, und alle Menschen, die uns zuhören, inspirieren und beseelen kann.


Jetzt bin ich gespannt, wie Du darüber denkst!

Was bedeutet es für Dich, mit Seele zu singen?
Wann geht Dir beim Singen oder Chorleiten das Herz auf?

Schreibe mir gerne eine Nachricht mit Deinen Erfahrungen an mail@marinaschacherl.at. Ich freue mich sehr, von Dir zu lesen. 😊

Eine herzliche Einladung habe ich noch für Dich:
Wenn Du möchtest, komm´ doch in meinen monatlichen E-Mail-Newsletter-Verteiler. Als kleines Willkommensgeschenk schicke ich Dir mein liebevoll gestaltetes und praktisches Cheat-Sheet “Einsingen im Chor” zu. 😊
Und ich informiere Dich über meinen Newsletter gerne einmal im Monat über neue Blog-Artikel, Podcast-Folgen sowie über interessante Veranstaltungs- und Büchertipps rund ums Chorleiten und Chorsingen.


Dass Du „beseelt“ singen kannst – mit all´ Deiner Freude und Deinem persönlichen Ausdruck! Das wünsche ich Dir von Herzen für die nächste Zeit. 💚

Alles Liebe von
Marina


  • Auf der Website von „World Choir for Peace“ kannst Du das Webinar „The healing power of singing“ von Norbert Hermanns nachschauen, viel über die Wechselwirkungen zwischen Körper, Seele und Musik erfahren, und - wie wir diese nutzen können, um unsere Selbstheilungskräfte zu aktivieren. 👍🏻

  • Mehr über die schöne Initiative “Singende Krankenhäuser e.V.” kannst Du hier nachlesen. 💚 Außerdem gibt es auf der Website einige interessante Online-Singangebote während Corona angeführt. 🎶

  • 🎤 Und ich verlinke Dir noch die Folge #4 im Podcast “Chor & Stimme”, in der ich mich mit der Sängerin und Gesangspädagogin Generose Sehr über die Effekte des Singens auf unser Wohlbefinden unterhalten habe. Singen macht glücklich! 😊

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27. Januar 2021

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