Gedanken zum chorischen Restart
Nach 666 Tagen (!!!) Pause findet heute wieder die erste physische Probe mit meinem Chor VOCAMUS statt. Es ist unglaublich, aber wahr! 😯
Wir werden in wenigen Stunden tatsächlich unsere Kehlen wieder zum Klingen bringen und die altehrwürdigen Gemäuer der Ursulinenkirche Linz mit Chormusik füllen.
Denn, wie uns die vergangenen 1,5 Jahre gezeigt haben:

😉😉😉
So sehr ich mich auf den chorischen Restart freue:
Aus meiner Chorleitungsperspektive ist es nach dieser langen Zwangspause ehrlich gesagt noch komplett surreal, dass wir tatsächlich wieder mit dem gemeinsamen Singen starten können.
❓ Was haben wir Chorleiter:innen in den vergangenen 1,5 Jahren nicht alles geplant, verworfen, umgeplant, abgesagt?
❓ Was haben wir nicht alles ausprobiert mit unseren Chören, von dem wir nicht wussten, ob es überhaupt funktionieren kann?
🟢 Wir haben online geprobt – beim Singen keinen Pieps voneinander gehört und waren trotzdem glücklich, einander zu sehen und nach der Probe ein bisschen zu quatschen.
🟢 Wir haben über verschiedenste Programme Töne eingelernt – um gewappnet zu sein für den Fall der Fälle, dass wir doch bald wieder singen dürfen und die Aufführung wie geplant stattfinden kann.
🟢 Wir haben in stundenlanger Arbeit hunderte Multivideos erstellt – die dann die Social Media überschwemmt haben, und uns - seien wir ehrlich - am Anfang erfreut haben und uns irgendwann so richtig auf den Keks gegangen sind.
Und:
Es soll sogar eine Chorleiterin geben, die in der Corona-Zeit einen Blog & Podcast ins Leben gerufen hat (manchmal frage ich mich immer noch, was ich da eigentlich mache…?? 😉 und freue mich über jede einzelne positive Rückmeldung wie eine Schneekönigin 💚).
Ich persönlich bin dankbar für die Erfahrungen des letzten Jahres und sehe sie als Bereicherung. Corona hat uns Chormenschen die Möglichkeiten gegeben, Strukturen zu hinterfragen, vermeintlich fixe Abläufe in Frage zu stellen, vieles neu zu denken. Kreativ sein zu müssen. 🤔💡
Gleichzeitig hat Corona auch einige Probleme in der Chorszene offen gelegt, wie z.B. der in vielen Chören nicht vorhandene sängerische Nachwuchs, aber auch fehlende Initiativen, neue Sänger:innen begeistern zu wollen. (Wenn ich höre, dass jetzt einige Chöre ihre Tätigkeit aus Überalterung nicht mehr aufnehmen werden, tut das weh und ist richtig schade.)
Nach meiner vielen digitalen Arbeit in der letzten Zeit ist es jetzt richtig ungewohnt, dass ich mich wieder auf eine reale Probenarbeit mit meinem Chor - mit über 30 „echten Menschen“ – vorbereiten darf. Und ich tu´ mir ehrlich gesagt noch etwas schwer mit langfristigen Planungen für die Zukunft…
Im vergangenen Frühjahr hat sich bei mir sogar ein gewisser „Planungsunwille“ breit gemacht. (Wer kann das nachvollziehen??)
❓ Was, wenn das liebevoll bis ins Detail geplante Konzert wieder nicht stattfinden wird können?
❓ Was, wenn ich die Proben kurzfristig wieder absagen muss?
Im vergangenen Juni/Juli habe ich außerdem am eigenen Leib gemerkt, wie schnell es gehen kann, dass man wieder im vor-Corona-Alltagstrott drin ist:
- Jede Woche viele Abendtermine. 📆📆📆📆📆
- Dort eine Probe.
- Da eine Probe.
- Dort ein Konzert.
- Da eine Gottesdienstgestaltung.
Alle wollen aufholen, was in der letzten Zeit nicht möglich war…
Diese abendliche Terminüberforderung habe anscheinend nicht nur ich gespürt – sondern auch andere musikalisch tätige Personen in meinem Umkreis, auch einige Sänger:innen in meinem Chor, mit denen ich gesprochen habe.
Daher hat mich folgende Frage in den letzten Monaten ganz intensiv beschäftigt:
❓❓ Wie können wir unsere Sänger:innen wieder motivieren, ihre wertvolle Freizeit dem Chorgesang zu schenken? ❓❓
Was jetzt in chorischer Hinsicht am meisten zählt ist glaube ich:
🎵💚😊 Die Freude am gemeinsamen Singen zu ermöglichen! 😊💚🎵
Einfach wieder Chor singen.
Ohne Proben- und Aufführungsstress.
Ich lasse den Start ins neue Chorjahr mit meinem Chor daher ganz gemütlich angehen.
Die Highlights im nächsten Halbjahr?
- Die musikalische Gestaltung der Hochzeit der Chorleiterin. 👰🏻🤵🏻
- Ein gemeinsames Probenwochenende, bei dem gelacht, gegessen, getrunken und auch ein paar Töne gesungen werden wird.😃
- Eine gemütliche Adventfeier mit Speis, Trank und Gesang. 🎵
Wenn ich mir den Probenplan so anschaue, könnte man meinen, dass die Kulinarik einen weit höheren Stellenwert genießt als das Chorsingen an sich. 😉🥗🥘🍻🍷
Und JA – da ist ein Körnchen Wahrheit dran und das darf auch so sein!
Wir müssen nicht nur stimmlich wieder zueinanderfinden, sondern auch sozial – als Menschen, als Gruppe. Dieses „sich Wiederfinden“ ist bei einem relativ frisch gegründeten Projektchor wie VOCAMUS eine noch größere Herausforderung als bei einer über Jahrzehnte zusammengewachsenen Chorgemeinschaft.
In meinen Augen wird es entscheidend sein, dass wir Chorleiter:innen auch bereit sind, so manche hochtrabende künstlerische Vorhaben im Sinne der Gemeinschaft und im Sinne der emotionalen Erfüllung der einzelnen Chorsänger:innen zumindest eine Zeit lang zurückzustecken.
(💭 … und was wird jetzt aus dem „Brahms Requiem“, das schon seit längerer Zeit in meinem Kopf herumschwirrt? Das darf weiter schwirren! Es läuft uns nicht davon… 😉)
Ich wünsche Dir für Deinen chorischen Restart alles Gute. Viel Spaß bei all´ Deinen Vorhaben und viel Kraft, auch herausfordernde Situation zu meistern.
Wie immer freue ich mich, von Dir zu lesen und wenn Du mir von Deinen Erlebnissen und Erfahrungen berichtest:
▶ Wie ergeht es Dir gerade beim Restart?
▶ Was beschäftigt Dich am Meisten?
Schreibe mir gerne ein Mail an mail@marinaschacherl.at oder melde Dich zu meinem monatlichen Newsletter an – dann bekommst Du einmal im Monat von mir Inspiration rund ums Chorleiten und Chorsingen zugeschickt und wir bleiben auch so in Kontakt.
Bis zum nächsten Mal wünsche ich Dir eine gute Zeit und alles Liebe. 💚
Deine
Marina
Nützliche und interessante Links:
📌 Übrigens: Die Tage von unserem letzten Konzert im November 2019 bis zur ersten Probe “nach Corona” habe ich nicht selbst nachgezählt… das wäre ja doch etwas freakig! 😄 Ich habe dafür einen praktischen Online-Zeitspannenrechner verwendet.